Der nordkoreanische Traum?
Allgemeine Informationen:
Die DVRK (Demokratische Volksrepublik Korea) ist eine der isoliertesten Staaten der Erde. Aus diesem Grund bereisen auch nur ca. 5000 westliche (und ca. 50.000 chinesische) Touristen pro Jahr das Land. Eine Einreise als Individualreisender ist praktisch unmöglich, da man stets von “Bewachern“ umgeben sein wird. Daher ist die einfachste und sicherste Variante (ebenfalls mit “Bewachern“) eine geführte Rundreise mit einer Reisegruppe zu wählen. Dies wird die erste geführte Rundreise mit einer Reisegruppe für mich sein!
Nordkorea hat mit seinen ca. 24 Millionen Einwohnern eine der zahlenmäßig größten Armeen der Welt. Mit rund 1,3 Millionen aktiven Soldaten und 4,7 Millionen Reservisten ist Nordkorea neben China, Indien, den USA und Russland eines von nur fünf Ländern auf der Erde, die zu Friedenszeiten ständig mehr als 1 Million Soldaten unterhalten.
Die Reise:
Eine Reise nach Nordkorea, ungeachtet der politischen “Ungereimtheiten“, fühlt sich an wie eine Zeitreise in die Sowjetunion der 70er Jahre. Die aktuelle politische Lage hat die Entscheidung eine Reise in die DVRK (demokratische Volksrepublik Korea) zu unternehmen nicht gerade leichtgemacht. Unsere japanische Nachbarin hat mich mit den Worten verabschiedet, dass sie jeden Tag weinen würde, solange ich in Nordkorea sein werde, wenn Sie meine Mutter wäre. Gefolgt von Nachfragen einiger Kollegen, wer denn meinen Job übernehmen würde, wenn ich nicht wieder zurückkommen werde, hat die Reise schon vor Antritt einen faden Beigeschmack entwickelt.
Die obligatorische Anreise nach Peking war unausweichlich, da eine Einreise nach Nordkorea nur per Flug von Peking oder Shenyang in China oder mit der Bahn möglich ist. Glücklicherweise wurde der Hinflug gestrichen (dazu später mehr) und die Einreise musste mit der Bahn erfolgen.
Nach einem Gruppenmeeting in Peking startete die Reise vom Pekinger Hauptbahnhof mit dem Nachtzug nach Dandong (14 Stunden), dem Grenzort zwischen China und Nordkorea. Nach der Ausreise aus China fuhr uns ein Bus über die chinesisch-koreanische Freundschaftsbrücke nach Sinuiju, dem Grenzort in Nordkorea. Die Einreise gestaltete sich bereits einzigartig. Man musste alle elektronischen Geräte mit einem Display abgeben. Diese wurden eingesammelt und in mehrere Beutel zur “Inspektion“ und Dokumentation gepackt, um sicher zu stellen, dass die Anzahl der eingeführten elektronischen Geräte mit der Anzahl der ausgeführten übereinstimmt.
Nach dem Durchleuchten des restlichen Gepäcks wurden die Pässe samt der Tourist-Card, dem nordkoreanischen Visum, eingesammelt. Die Pässe und die Tourist-Card haben wir erst wieder bei der Ausreise zurückbekommen. Leider durften wir die Tourist Card nicht behalten. Während die Smartphones und Kameras einer nicht nachvollziehbaren Kontrolle unterzogen wurden, kam ich ins Gespräch mit einer chinesischen Reisegruppe. Es fiel die Frage, was man als Westler in Nordkorea machen wolle. Die Antwort, dass man sich das Land und Leute kennenlernen wolle, hat zu Stirnrunzeln bei den Chinesen geführt. Die Antwort, was die chinesischen Touristen in Nordkorea wollten, war allerdings etwas ungewohnt: „Wir sind hier, um Strandurlaub zu machen! Die Strände sind hier nicht so voll und viel sauberer. Außerdem ist es günstiger als in China.“ Was ist schräger Strandurlaub oder eine Rundreise in Nordkorea zu machen?
Nach der Aushändigung unserer elektronischen Gerätschaften hat uns ein Bus zum Bahnhof von Sinuiju gebracht, um von dort mit dem Zug in die Hauptstadt Pjöngjang zu fahren. Am Bahnhof wurden wir direkt von großen Bildern der beiden Führer , Kim Il-Sung, der ewige Präsident, und Kim Jong-Il, der ewige Generalsekretär, begrüßt.
Die Anreisezeit nach Pjöngjang dauerte ca. fünf Stunden und zeigte erste Eindrücke Nordkoreas. Abgesehen von vielen Soldaten hat man fast ausschließlich Ackerfelder und Farmer gesehen, die diese bewirtschafteten.
Am Hauptbahnhof in Pjöngjang angekommen fuhren wir ins Hotel. Das Yanggakdo Hotel, in dem fast alle Touristen untergebracht werden, befindet sich auf einer Halbinsel mit nur einer Zufahrtsstraße, so dass auch kein Tourist auf dumme Ideen kommt. Das Abendessen im quietschpinken Ballsaal mit schneeweißen Stühlen hat bereits einen sehr eigenen Charme versprüht. Das Hotel ist für nordkoreanische Standards absolut überdurchschnittlich ausgestattet und gilt auch deswegen als Luxushotel. Selbst nach internationalen Gesichtspunkten hat das Hotel einen guten Standard: Eine Bowlingbahn, Tischtennis, ein Schwimmbad, Karaoke usw. liefern ausreichend Unterhaltung.
Die Tage in Pjöngjang waren programmtechnisch sehr voll und äußerst vielseitig. Abgesehen von den üblichen Sehenswürdigkeiten wie Monumente und Museen, bat selbst ein Erlebnisbad, Freizeitparks oder der Zoo durch den einzigartigen nordkoreanischen Stil einen sehr hohen Unterhaltungs- und Sightseeingcharakter.
Einen weiteren Programmpunkt stellte der erste Mai-Feiertag dar. Der erste Mai, der Feiertag der Arbeiter, wurde ähnlich wie in anderen Ländern ausgelassen gefeiert. Es wurde gesungen, getrunken und gespeist in den Parks der Stadt. Hierbei zeigte sich eine Form von Unberührtheit und Unschuld, die sich in dieser Form nur schwer wieder auf der Welt findet. Familien, aber besonders Erwachsene, hat man bei Aktivitäten wie Sackhüpfen, Tauziehen oder Karusselfahren beobachten können. Soldaten haben sich mit der Zivilbevölkerung gemischt und man hatte fast das Gefühl, dass hier vieles nicht so schlimm ist, wie es einem die Medien vermitteln wollen.
Der Besuch verschiedener Fabriken wird unter Kuriositäten genauer erklärt. Ein weiterer Programmpunkt war der Besuch von Nampo und dem dortigen Staudamm am Meer, bevor die sehr unkomplizierte Ausreise vom Flughafen in Pjöngjang anstand. Der Flug mit Air Koryo nach Peking wurde für die Einreise gestrichen und verließ glücklicherweise planmäßig Pjöngjang. Um es kurz zu machen, Air Koryo ist wirklich so schlecht wie ihr Ruf. Abgesehen vom Service und der Verpflegung, die mir relativ egal auf einem zwei Stunden Flug sind, so ist das Flugzeug eine Katastrophe. Der Flug ging mit einer Tupolev 204-100. Womöglich hatten wir nur Pech aufgrund der Turbulenzen, besonders über dem Großraum Peking oder dem Kreisen über dem Pekinger Flughafen, allerdings werde ich in Zukunft lieber mit dem Zug fahren, bevor noch einmal in eine solche Maschine einsteige.
Kuriositäten:
In vielen Situationen auf der Reise hatte man das Gefühl nicht losgeworden ein Darsteller in der Truman Show zu sein. Skurrile Fabrikbesichtigungen haben dies unter anderem nur verstärkt:
- Ein Besuch der DMZ (Demilitarized Zone) zur Grenze von Südkorea war sehr interessant. Auf der zweieinhalbstündigen Fahrt von Pjöngjang nach Kaesong haben wir nicht viel mehr als zehn weitere Autos gesehen. Die Grenze war auf der südkoreanische Seite menschenleer. Eine Skurrilität auf der Hin- und Rückfahrt war der Stopp an einem “Rastplatz“. Auf der Hinfahrt fanden wir Stände mit Snacks und Getränken. Diese Stände wurden auf dem Rückweg auf der anderen Seite des Rastplatzes wiederaufgebaut, da offensichtlich eine feste Installation auf der fast nicht befahrenen Straße keinen Sinn macht.
- In einer Mineralwasserfabrik haben die Mitarbeiter die Maschinen ziemlich ungeschickt bedient, was zu vielen kaputten Flaschen geführt hat. Ein Arbeiter in einem Büro zur Überwachung der Maschinen hat auf den ersten Blick eine Übersicht der aktuellen Leistungswerte der Gerätschaften auf seinem Bildschirm kontrolliert. Allerdings schien der Mitarbeiter/Schausteller nicht so gut geschult gewesen zu sein, da er plötzlich die Übersicht als Bild in Photoshop geöffnet hatte. Er konnte nur leider Photoshop nicht schließen und hat deshalb einige farbliche Veränderungen vorgenommen um den Schein zu wahren. Auch das Verladen von 10 Wasserkästen hat ca. 15 Arbeiter/Schausteller gefordert, was den Wahrheitsgehalt der Veranstaltung erneut untergraben hat.
- Beim Fotografieren der Bronzestatuten der Führer muss man zunächst seinen Respekt bekunden, indem man sich verbeugt. Fotos müssen frontal, ohne Lachen oder gar Grimassen erfolgen. Nordkoreaner könnten sich dadurch beleidigt fühlen, wenn man dies nicht macht. Verboten ist es außerdem die Führer seitlich oder gar von hinten abzulichten.
- In Pjöngjang liegt ein Boot am Ufer des Flusses. Das Boot befindet sich inmitten zweier Brücken. Das Problem ist nur, dass es nicht die jeweiligen Brückenpfeiler passieren kann.
- Es gibt für die Bevölkerung kostenfrei Elektrizität, allerdings nur von 07 bis 12 Uhr. Danach muss man dafür zahlen. Aus diesem Grund ist Pjöngjang auch nahezu unbeleuchtet bei Dunkelheit. Es ertönt nur Opernmusik, was schon etwas unheimlich erscheint.
- Nordkoreaner behaupten das Schwarzpulver erfunden haben.
- Auf eine Rückfrage bezüglich von Kim Il Sung wurde ich korrigiert auf eine Frage verbunden mit dessen Tod: „He did not die, he passed away!“
- Nordkoreanische Arbeiter haben keinen Urlaub, außer an Feiertagen und verdienen auf Rückfrage: „Genug zum Überleben!“
- Aus Bescheidenheit verzichtet der Marshall Kim Jong Un auf Abbildungen seiner Person. Das Volk habe Kim Jong Un gefragt, ob er wie seine verstorbenen Vorgänger Statuten haben wolle. Da er allerdings ein bescheidener Mensch ist, verzichtet er darauf.
- Jeder Nordkoreaner trägt einen von drei Pins: Kim Il Sung, Kim Jong Il oder einen mit beiden.
- Auf die Frage, ob man sich Sorgen um eine kriegerische Auseinandersetzung mache, kam die Antwort: „Whatever happens we are ready!“
- Kinder jäten Unkraut nach der Schule.
- Im Sportdistrikt von Pjöngjang gib es für jede Sportart ein eigenes Stadion (Tischtennis, Turnen, Basketball, Volleyball, Sportschießen, Taekwondo, Badminton, Gewichtheben, Judo, Fußball…). Vielleicht gibt es auch deswegen keine dicken Menschen in Nordkorea.
- Bevor man aus einem Hotel auscheckt, werden von dem Hotelpersonal alle Gegenstände im Zimmer (Löffel, Slipper, Gläser…) gecheckt. Was fehlt, muss bezahlt werden.
- Es gibt in Nordkorea kein frei zugängliches Internet. In der größten Bibliothek des Landes gibt es PCs mit Internetzugang. Dies ist allerdings ein Nordkorea internes Intranet. Im gesamten Land gibt es darüber hinaus keinen GSM-Empfang oder gar mobiles Internet.
Danke für den bericht. Wirklich kurios – für uns ziemlich fremdartig
Gesammeltes: https://sascha313.wordpress.com/2016/04/13/alltag-in-der-koreanischen-demokratischen-volksrepublik/